Verwaltung verbietet Katzen den Freigang: Elektronische Pfotenfessel oder Hausarrest!

Hausarrest für Katzen in Wiesloch-Walldorf

Kein Aprilscherz: Alle samtpfötigen Bürger einer kleinen Gemeinde in Süddeutschland dürfen ab dem 1. April 2023 nur noch nach draußen, wenn ihre Streifzüge lückenlos nachverfolgbar sind. Vogelschützer haben eine entsprechende Allgemeinverfügung bei der Stadtverwaltung erwirkt.

Die Gemeinde Wiesloch-Walldorf ist im vorigen Jahr deutschlandweit bekannt geworden. Der Anlass ist einmalig: Um brütende Vögel zu schützen, wurden 2022 von April bis August sämtliche Katzen unter „Hausarrest“ gestellt.

Die Allgemeinverfügung soll in diesem Jahr erneut durchgesetzt werden. Ausnahmen gibt es nur für Katzen, deren Halter ihnen ein Halsband mit GPS-Sender anlegen. Dieses muss bei der unteren Naturschutzbehörde vorgeführt werden – sie möchte prüfen, ob das Gerät auch tatsächlich jede Bewegung aufzeichnen kann.

Das sei wichtig, um den genauen Radius der Tiere zu ermitteln, denn: In Wiesloch-Walldorf gibt es ein Naturschutzgebiet, in dem die seltene Haubenlerche gesichtet wurde. Betritt eine Katze das Schutzgebiet, erlischt ihre Ausnahmegenehmigung für den Freigang sofort.

Katzenhalterin will für ihre Haustiere umziehen

Die Lokalsendung SWR aktuell lässt heute Abend (19.30 Uhr / SWR) eine verzweifelte Katzenhalterin zu Wort kommen. Regine Tredwell hatte im letzten Sommer eine Ausnahmegenehmigung für ihre Katzen erwirkt und ihnen ein GPS-Halsband angelegt – schweren Herzens, denn offenbar waren die Samtpfoten davon eher weniger begeistert, wie sie im Interview verrät:

„Das war eine Tortur den Katzen das Halsband anzubringen und hat auch zu Aggressionen geführt.“

Ihr Verständnis für die Maßnahmen hält sich mit Blick auf ihre Katzen in Grenzen: Kater Fluffy und Katze Mimi, beide 13 Jahre alt, sind schon leicht Altersschwach und würden einen Umkreis von wenigen Metern rund um das Haus ohnehin nicht mehr verlassen.

Für die kommende Saison hat die Katzenfreundin keine Ausnahmegenehmigung mehr gestellt. Stattdessen hat sie den Entschluss gefasst, der Gemeinde Wiesloch-Walldorf mit ihren Haustieren den Rücken zu kehren – Katze Mimi und Kater Fluffy sollen ihre letzten Jahre artgerecht erleben.

Katzen-Tracking erweist sich problematischer als gedacht

Funktioniert der Freigang unter Auflagen? In der praktischen Anwendung haben sich die obligatorischen GPS-Halsbänder weder als besonders anwendertauglich, noch als katzenfreundlich erwiesen. Katzenhalterin Regine Tredwell findet die Geräte auch ziemlich schwer und sie funktionierten im Test auch nicht zuverlässig.

Vorgesehen ist eigentlich, dass automatisch ein Alarm ausgelöst wird, sobald sich eine Katze in die Gefahrenzone um das Vogelschutzgebiet begibt. Die Katzenhalterin berichtet allerdings von zahlreichen, unnötigen Fehlalarmen.

Gerade einmal zwei Katzenhalter haben sich in diesem Jahr eine Ausnahmegenehmigung für ihre Haustiere bei der Stadt abgeholt. Das könnte ein zusätzlicher Hinweis darauf sein, dass die Auflagen der Stadt schlicht nicht praktikabel sind.

Neuste Schätzung der Haubenlerchen-Population: Mehr als überschaubar

Wie groß die Haubenlerchen-Population in Wiesloch-Walldorf derzeit genau ist, war bis vor kurzem nicht einmal bekannt. Optimistische Schätzungen gingen aber zumindest von einigen Dutzend Brutpaaren aus.

Die Ernüchterung zeigt SWR aktuell: Für das Jahr 2022 ließen sich gerade einmal zwei Brutpaare des Vogels offiziell bestätigen. Acht Jungvögel sind aber immerhin flügge geworden.

Sind die strengen Maßnahmen für Katzen und ihre Halter damit also etwas überzogen? Übertrieben findet sie zumindest Stefan Hitzler vom Landestierschutzverband Baden-Württemberg.

Über GPS-Tracking und Einzäunen von Gärten zu reden, hält er laut SWR aktuell für „vollkommen überspitzt“. Es werde ein Aktionismus an den Tag gelegt, der Katzenbesitzern und ihren Tieren schade.

Ein wichtiger Aspekt, der nach seinem Geschmack in Sachen Vogelschutz zu selten Erwähnung fände, sei die Zersiedlung des natürlichen Wohnraums bedrohter Vogelarten.

Foto: Konrads Bilderwerkstatt / Katze / flickr.com / CC-BY

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