Auf den Tod eines Menschen oder eines tierischen Weggefährten reagieren Katzen ähnlich wie Menschen. Können Katzen an Traurigkeit sterben, wenn sie einen Verlust nicht verkraften? Umfragen unter Tierärzten legen das zumindest nahe.
Es ist bekannt, dass der Verlust eines nahe stehenden Angehörigen beim Menschen Trauer und damit verbundenen starken Stress auslöst. Als Syndrom des gebrochenen Herzens bezeichnen Fachleute dieses Phänomen. Es ist eine spezielle Herzerkrankung, deren Ursache eine aus den Angeln geratene Gefühlswelt ist.
Das Syndrom des gebrochenen Herzens führt beim Menschen zu einer Schwächung des Herzmuskels und schließlich zu Herzversagen und zum Tod. Bis heute ist das Syndrom nur in der Humanmedizin belegt, in der Literatur über Veterinärmedizin ist es nicht bekannt. Aus wissenschaftlich-medizinischer Sicht gibt es also keine konkreten Beweise dafür, dass auch Haustiere diese Erkrankung haben könnten.
Doch wenn ein Mensch an einem gebrochenen Herzen sterben kann, warum sollte es dann Hunden und Katzen nicht ebenso ergehen?
Denn Symptome für schwere Trauer lassen sich bei Tieren und Menschen in ganz ähnlicher Weise erkennen. So beobachten etwa Mitarbeiter in Tierheimen bei Neuzugängen häufig, dass diese in den ersten Tagen das Fressen verweigern.
Verängstigt rollen sie sich stattdessen in stillen Ecken zusammen und verstecken den Kopf mit ihren Pfoten. Das könnte man durchaus als Zeichen für Stress erkennen – oder dafür, dass buchstäblich ihr Herz gebrochen wurde.
Katze traurig nach Tod: Wir haben mit einer Tierärztin gesprochen, was Trauer mit Katzen macht
Kann Haustiere der Verlust ihres Herrchens oder Frauchens so traurig machen, dass sie bald ebenfalls sterben? Besonders Tierärzte kennen Erzählungen, die von solchen Geschichten berichten. Manchmal haben die trauernden Tiere vergeblich über Wochen und Monate auf die Rückkehr ihres geliebten Menschen gewartet, oder wurden sogar auf dem Friedhof an dessen Grab gesichtet.
Wir haben die Hamburger Tierärztin Dr. Nastasja Wedeking befragt, ob es sich bei solchen Erzählungen um Legenden handelt, oder ob tatsächlich etwas Wahres daran sein könnte.
Sie teilt uns mit:
„Nahezu alle Hunde und Katzen weisen signifikante Verhaltens- und Charakteränderungen auf, wenn ein Tier oder eine Person, an die sie gebunden sind, verstirbt. Wir können in der Folge auch starke physiologische Veränderungen beobachten, die ziemlich sicher eine Verschlechterung der Gesundheit nach sich ziehen, wenn sie andauern.“
Kurioserweise könne das Ableben eines Artgenossen insbesondere bei Katzen aber auch zu einer Reaktion führen, die Halter vermutlich nicht erwarten:
„Es gibt Katzen, die Zeit ihres Lebens unter einem Artgenossen leiden müssen, vielleicht sogar von ihm gemobbt werden. Solche Tiere blühen dann förmlich auf, wenn der Kontrahent verstirbt und ein wenig Zeit ins Land gestrichen ist. Der Tod ist für sie eine Art Befreiungsschlag, der auch für eine Neusortierung des Verhältnis zu ihrem Halter und anderen Zweibeinern im Haushalt möglich werden lässt. Ganz oft entwickelt sich das Verhältnis zum Positiven“
Mobbing und Stalking sind Phänomene, die bei Katzen häufiger vorkommen. Intensiv beschäftigt mit dem Thema hat sich die Katzenverhaltensberaterin Petra Heermann. Hier findet ihr unser Interview mit ihr zu diesem spannenden Thema.
Umfrage mit 279 Teilnehmern bestätigt den so genannten „Witweneffekt“ auch bei Katzen
In der Humanmedizin ist das Phänomen des „Todes in Folge“ bekannt: Stirbt ein naher Angehöriger, zum Beispiel der Ehepartner, so ist der noch lebende Partner gefährdet, in Folge bald ebenfalls zu versterben. Wissenschaftler nennen dieses Phänomen Witweneffekt.
Wie für das Syndrom des gebrochenen Herzens gilt auch für den Witweneffekt: In der Veterinärmedizin wurde er bis dato nicht umfassend dokumentiert. Es finden sich jenseits der strengen Wissenschaft jedoch Hinweise darauf, dass auch Haustiere davon betroffen sein könnten.
So ergab eine Umfrage unter 279 Katzenhaltern in den USA etwa, dass Katzen genau so wie Menschen nach dem Tod eines Weggefährten schwerwiegende Verhaltensänderungen durchmachen. Die untersuchten Tiere hatten verzweifelt nach dem verstorbenen Partner gesucht und jämmerlich miaut, wenn sie ihn nicht fanden. Viele stellten das Fressen ein.
Besonders für Katzen kann das Verweigern von Nahrung schon nach kurzer Zeit dramatische Folgen haben: Wenn Katzen aufhören zu fressen, können sie bereits nach 72 Stunden, also gerade einmal drei Tagen, eine Fettleber entwickeln, die tödliche Folgen für sie haben kann.
Können Katzen weinen? Anzeichen für Traurigkeit bei Katzen verstehen
Wenn Katzen Phasen großer Trauer erleben, so gibt es glücklicherweise einige Warnsignale, mit deren Hilfe wir als Halter das erkennen können. So wird es möglich, eine trauernde Katze gut zu unterstützen und wieder zu mehr Lebensfreude zu verhelfen.
Mehr Informationen zu diesem Thema gibt es in dem Beitrag Trauer bei Katzen – Mit diesen 6 Tipps gibst Du deiner Mieze Halt, wenn sie traurig ist.
Tierärztin aus Köln, Spezialgebiet Katzen. 2021 mit Mann und drei Kindern nach Singapur ausgewandert. Aktiv bei Tierärzte ohne Grenzen e.V.
Katharina schreiben: redaktion (ät) cat-news.net