Lässt das Zusammenleben mit dem Menschen die Gehirne von Katzen schrumpfen? Schädelvergleiche mit den wilden Vorfahren unserer Hauskatzen legen diesen Verdacht nahe. Bei Rassekatzen könnte sich der Effekt sogar noch stärker zeigen.
Die Liebesgeschichte von Mensch und Katze nahm vor vielen tausend Jahren ihren Anfang. Als der Mensch entdeckte, dass sich die eleganten Vierbeiner besonders gut als Mäusejäger eignen, begann die Domestikation der Tiere.
Hunde gelten heute als vollständig domestiziert, im Fall von Katzen sind die Forscher vorsichtiger und sprechen nur von einer „halben Domestikation“. Das ist dem Umstand geschuldet, dass die Samtpfoten ihren wilden Vorfahren, der im Nahen Osten bis heute heimischen Falbkatze, genetisch betrachtet noch sehr ähnlich sind.
Tatsächlich konnte jetzt ein Forscherteam der Universität Wien anhand von Schädelvergleichen zeigen, dass sich das Hirnvolumen unserer Miezekatzen deutlich von dem ihrer wilden Verwandten unterscheidet.
Solche Effekte wurden früher schon für andere domestizierte Arten wie Schafe, Pferde und Kaninchen festgestellt, nicht aber für Katzen.
Katzenarten im Vergleich: Hauskatzen haben das kleinste Gehirn
Studienleiterin Raffaela Lesch und ihre Kollegen haben für ihre Untersuchung die Schädel von 28 Hauskatzen, 20 Wildkatzen, 19 Falbkatzen und 26 Kreuzungen aus Haus- und Wildkatzen vermessen und analysiert. Das Ergebnis: Von allen Katzenarten haben Hauskatzen die kleinsten Gehirne! Diese Feststellung gilt auch, wenn man die unterschiedlichen Körpergrößen der Tiere mit einbezieht.
Damit ist es nach Ansicht der Forscher aus Österreich erwiesen, dass wie bei vielen anderen Tierarten auch die Gehirne von Katzen im Zuge ihrer Domestikation schrumpften.
Mögliche Ursache für Gehirn-Schrumpfung
Warum verkleinern sich die Gehirne von Tieren, wenn diese mit dem Menschen zusammenleben? Einer These zufolge könnte es sich um einen Nebeneffekt der gezielten Zucht auf zahmes Verhalten und reduzierte Aggressivität handeln.
In Katzenembryos sorgte das im Laufe der Jahrtausende für eine immer schwächere Teilung und Beweglichkeit der so genannten Neuralleisten-Zellen. Das sind die Zellen, aus denen sich in einem späteren embryonalen Stadium das Nervensystem herausbildet.
Die Theorie gilt jedoch als umstritten, da sich in diesem Zuge eigentlich auch die Schnauzen der Tiere hätten verkürzen müssten. Die Wiener-Schädelvergleiche konnten jedoch im Gegenteil zeigen, dass sich die Schnauzenlängen von Hauskatzen nicht von denen ihrer wilden Vorfahrin, der Falbkatze, unterscheiden.
Brauchen Haustiere ein leistungsstarkes Gehirn?
Studienleiterin Raffaela Lesch hat eine andere Theorie, um die Hirnschrumpfung zu erklären: Es sind Effizienzgründe! Gehirne entwickeln sich stets unter dem Eindruck einer Kosten-Nutzen-Abwägung. Im Kern stehe dabei die Frage, ob sich der energetische Aufwand für das Wachstum lohnt und für das Überleben wirklich erforderlich ist.
Weil unsere Katzen von uns gehegt, gepflegt und verwöhnt werden, ist ein leistungsstarkes Gehirn eigentlich überflüssig. Für Hunde konnte diese Theorie bereits nachgewiesen werden: Im Vergleich zum Wolf haben Hunde nicht nur ein kleineres Gehirn, sie sind auch weniger gut in der Lage Probleme zu lösen, als ihre wilden Vorfahren. Stattdessen wenden sich Hunde in unbekannten Situationen hilfesuchend an den Menschen.
Schlechte Nachricht für Halter von Rassetieren: Je mehr der Mensch versucht Einfluss auf Aussehen und Verhalten seiner Haustieren zu nehmen, umso stärker könnte das Gehirn dem Schrumpf-Effekt unterliegen. Doch wer weiß, was Katzen – ob Rassekatze, oder stinknormale Feld, Wald, und Wiesenkatze – alles anstellen würden, wenn ihre Gehirne größer wären.
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Via: Nachrichten Informationsdienst Wissenschaft (idw)
Fotografin und Autorin, Spezialgebiet: Leben mit Katzen. Norddeutsche Frohnatur (Wichtig: Moin statt Servus!). Lebt mit ihrer Maine-Coon-Katze Emily in Pinneberg bei Hamburg.
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