Eine falsche Geste, ein falsch verstandener Blick und schon ist die Stimmung im Keller: Unter Menschen kommt es häufig zu Missverständnissen, doch auch in der Mensch-Katze-Beziehung gibt es diese. Die Katzenverhaltenstherapeutin Christiane Skuza hat uns verraten, welche Verhaltensweisen von Katzen wir besonders häufig falsch interpretieren.
Wer keine Katzen mag, hat dafür meist einen oder mehrere Gründe. Im Gegensatz zu Hunden, die stets gut gelaunt und zugewandt sind, gelten Katzen vielen als schwer durchschaubar und bisweilen auch ein bisschen hinterlistig. Auch heißt es häufig, sie würden sich nur deshalb mit uns abgeben, weil sie darin einen persönlichen Vorteil erkennen.
Obwohl Katzen durchaus eigensinnig sein können, wissen Katzenliebhaber natürlich, dass die meisten Vorurteile über ihr Lieblingstier so nicht stimmen. Doch selbst ausgesprochenen Katzenfreunden und erfahrenen Katzenhaltern kann das Verhalten ihrer Samtpfoten manchmal Rätsel aufgeben
Gerade das so genannte „Protestpinkeln“ wird häufig als eine Verhaltensweise missgedeutet, mit der Katzen Menschen ärgern möchten. Die Wahrheit ist jedoch: Es gibt keine Verhaltensweisen oder Tricks, die Katzen nutzen, um uns Menschen gezielt zu provozieren.
Pinkeln auf Sofas und Teppiche ist in Wahrheit ein Hilfeschrei!
Weiterlesen: Katzenpsychologie: Gründe für Protestpinkeln erkennen
7 Verhaltensweisen von Katzen, die wir Menschen häufig falsch verstehen
1. Eine Katze ist für Berufstätige besser geeignet als ein Hund. Sie schläft doch sowieso den ganzen Tag lang!
Es stimmt, dass Katzen ein höheres Schlafbedürfnis als Hunde oder Menschen haben. Wenn eine Katze jedoch den kompletten Tag verschläft, so ist das womöglich kein gutes Zeichen. Das sagt Katzenexpertin Christiane Skuza:
„Viele Katzen sind tagsüber bis zu zehn Stunden allein zuhause. Kommen ihre Menschen dann von der Arbeit zurück, gehen manche schon um 22 Uhr ins Bett. Was tut die Katze? Sie hat den ganzen Tag geschlafen und schläft jetzt wieder! So entsteht der überhaupt erst der Eindruck, dass Katzen nur schlafen, was aber bei genauerer Betrachtung ein Trugschluss ist: Das Schlafbedürfnis dieser Katzen ist in Wahrheit gar nicht so hoch. Ihnen fehlt ganz einfach die katzengerechte Beschäftigung! Jeder Katzenhalter sollte täglich mindestens 2 x eine ausgiebige Spielzeit mit seiner Katze erleben. Dann schläft die Katze nicht aus Langeweile, sondern weil sie ausgelastet und angenehm müde ist.“
2. Katzen wollen immer gestreichelt werden
Es ist eine Situation, die viele Katzenhalter kennen: Gerade lag das Tier noch tiefenentspannt auf dem Schoß, doch schon im nächsten Moment verwandelt sich der Schmusetiger in eine Kratzbürste:
„Für diese Verhaltensänderung gibt es meist subtile Vorzeichen, die man kennen sollte. Die Pupillen verändern sich, die Katze dreht ein Öhrchen nah hinten, oder das Köpfchen zieht sich ein wenig zurück. Das ist der Moment, in dem es gilt, das Streicheln sofort einzustellen! Was genau Katzen zu diesem Verhalten verleitet, kann ich nur vermuten: Viele Menschen mögen es beispielsweise nicht, wenn der Partner ihnen längere Zeit über die gleiche Körperstelle streichelt. Fast jeder empfindet das nach einer Weile als unangenehm. Warum sollte es Katzen nicht ebenso gehen?“
3. „Meine Katze ist Einzelgänger! Sie mag keine Artgenossen.“
Katzen jagen nicht wie andere Raubtiere im Rudel. Viele glauben darum, dass es sich bei ihnen um weniger soziale Tiere handelt. Doch das stimmt nicht:
„Sogar in der Natur bilden Katzen lockere Gruppen, die sich zum Beispiel regelmäßig zu bestimmten Zeiten an bestimmten Plätzen treffen. Männliche Tiere gehen „Katerbruderschaften“ ein, Weibchen ziehen zusammen mit anderen weiblichen Angehörigen ihren Nachwuchs auf. Dass Katzen also Einzelgänger sind, stimmt so nicht. Um Verhaltensproblemen vorzubeugen ist es darum – bis auf wenige Ausnahmen – durchaus ratsam eine Katze nicht allein zu halten. Katzen haben miteinander einen anderen Umgang als mit Menschen. Wir können ihnen keinen Katzenpartner ersetzen.“
4. Zwei Katzen gewöhnen sich am besten aneinander, wenn man sie gemeinsam aus einem Napf fressen lässt
Weil Katzen Einzeljäger sind, aber eben keine Einzelgänger, sollte jedes Tier im Haushalt seinen eigenen Futterplatz haben. Eine entspannte Nahrungsaufnahme kann andernfalls ein schwieriges Unterfangen werden:
„Jede Katze hat ihr eigenes Tempo beim Fressen. Wenn zwei Katzen gezwungen sind, aus einem Napf fressen, oder die Näpfe direkt nebeneinander stehen, dann gibt es meist eine Katze, die von Haus aus schneller frisst, als die andere. Das setzt die langsamere Fresserin unter Druck, denn sie muss fürchten, dass für sie nichts mehr übrigbleiben wird. Besser ist es darum, zwei Futterstellen mit einigem Abstand voneinander einzurichten. Eine Katze frisst vielleicht auf dem Boden, die andere hat ihren Futterplatz etwas erhöht, beispielsweise auf einem Hocker. So bleiben die Komfortzonen beider Tiere gewahrt.“
5. Wenn Katzen immer wieder auf den Küchentisch springen, wollen sie uns ärgern
Viele Menschen stört es verständlicherweise, wenn die eigene Katze immer wieder auf Tische springt. Gerade wenn Gäste zu Besuch sind, kann das schnell auch mal peinlich werden. Doch ärgern wollen die Tiere uns mit diesem Verhalten ganz sicher nicht:
„Katzen sind neugierig und wollen am liebsten immer den Überblick behalten. Von einem Tisch aus geht das natürlich besonders gut. Auf diese Weise kommen sie auch auf Augenhöhe mit dem Menschen. Einer Katze dieses Verhalten durch ständiges Herunterschubsen abzugewöhnen, ist nahezu aussichtslos – es sei denn, man bietet eine passende Alternative: Einen hohen Kratzbaum etwa, oder eine Liegefläche auf einem Regal neben dem Tisch, extra für die Katze. Dann kann sie uns Menschen zuschauen und kommt auf Augenhöhe mit uns. Viele Katzen haben so etwas gar nicht und die Halter wundern sich dann, wenn ihre Katzen immer wieder auf Tische springen.“
6. Wenn eine Katze ihren Bauch zeigt, möchte sie auf der Stelle gekrault werden
Kommt vor, ist aber nur selten tatsächlich der Fall:
„Der Bauch ist die empfindlichste Zone einer Katze. Wenn sie ihn zeigt, riskiert sie an lebenswichtigen Organen verletzt zu werden. Die Seiten-/Rückenlage ist gleichzeitig diejenige Position, in der eine Katze am besten zuhauen kann, ihre Krallen sind einsatzbereit. Gerade fremde Katzen sollte man darum niemals einfach so am Bauch anfassen, weil sie sich bedroht fühlen könnten.“
7. Eine Toilette mit Haube gibt Katzen ein sicheres Gefühl, wenn sie ihr Geschäft verrichten
Mit oder ohne Haube? Könnte eine Katze sich ihre Toilette selbst aussuchen, würde sie sich vermutlich für ein Modell „oben ohne“ entscheiden:
„Möglichst weit und offen, genau wie die Wüste, so wäre eine Katzentoilette wohl in der Idealvorstellung einer Katze! Wenn Katzen ihr Geschäft erledigen, machen sie sich angreifbar für Feinde. Sie bevorzugen es darum, in dieser Situation einen guten Rundumblick zu haben. So sehen sie rechtzeitig, wenn sich ein Feind nähert und können in jede Richtung fliehen. Eine Toilette mit Haube verhindert das. Zusätzlich fängt es darunter schnell an zu stinken und das mögen empfindliche Katzennasen gar nicht gern. Wir Menschen gehen ja auch nicht gern auf ein Dixi-Klo… Kot und Urin werden außerdem gern an verschiedenen Stellen abgesetzt, weshalb es immer mindestens zwei Katzenklos im Haushalt mit einer Katze geben sollte. Die Katzentoilette ist ein sensibler Bereich, der gerade im Mehrkatzenhaushalt häufig der Ausgangspunkt für Spannungen sein kann.“
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Tierschutzaktivistin und Redakteurin, Spezialgebiet: Katzen in Not. Fühlt sich ohne Katzenhaare nicht richtig angezogen. Lebt mit ihren beiden Kindern auf einem Bauernhof Nahe Berlin.
Nadine schreiben: redaktion (ät) cat-news.net