Interview mit Birga Dexel: Worauf wir im Umgang mit älteren Katzen achten müssen

Eine Katze begleitet uns idealerweise ihr ganzes Leben lang. Mit zunehmendem Alter verändern sich jedoch die Bedürfnisse der Tiere. Worauf wir als Halter im Umgang mit Seniorenkatzen besonders achten müssen, erklärt Tiertherapeutin Birga Dexel im Interview mit unserer Autorin Felicitas.

Birga Dexel gehört zu Deutschlands gefragtesten Expertinnen, wenn es um die verhaltenstherapeutische Begleitung von Katzen geht. Vielen wird sie aus der beliebten Fernsehsendung Hundkatzemaus (VOX) oder durch eines ihrer zahlreichen Bücher über die therapeutische Arbeit mit Katzen bekannt sein. Wir haben sie gefragt, was man als Halter im Umgang mit älteren Katzen wissen sollte.

Felicitas: Die vielleicht wichtigste Frage gleich vorab: Ab wann gilt eine Katze überhaupt als alt?

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Birga Dexel: Das ist individuell verschieden, auch für Katzen gilt: Man ist so alt, wie man sich fühlt. Generell spricht man ab einem Alter von zehn Jahren von einer Seniorkatze. Ab 15 Jahren als geriatrisch. Altersbedingte Probleme können sie aber schon viel früher entwickeln.

Felicitas: Woran kann ich erkennen, dass meine Katze langsam altersschwach wird?

Birga Dexel: Viele Halter übersehen die ersten Anzeichen von Altersschwäche, weil es in der Natur der Katze liegt, diese zu verbergen. Im Alter ändert sich das Temperaturempfinden von Katzen und es lässt sich möglicherweise beobachten, dass sie verstärkt warme Plätze aufsucht. Das wäre dann ein Anzeichen dafür, dass sie langsam alt wird.

Felicitas: Was kann ich als Halter tun, wenn ich ein verstärktes Bedürfnis nach Wärme bei meiner Katze entdecke?

Birga Dexel: Die Wohnung sollte idealerweise immer eine angenehme Temperatur haben. Man sollte also auch tagsüber heizen, wenn man selbst nicht Zuhause ist, weil alte Katzen leicht frieren. Viele bedenken das nicht und ich bin immer wieder erstaunt, wenn ich im Rahmen meiner therapeutischen Arbeit in sehr kalte Wohnungen komme, in denen ältere Katzen leben. Meine Empfehlung ist, ab einem Alter von etwa 12 Jahren darauf zu achten, die Wohnung für die Katze immer ausreichend zu beheizen.

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Felicitas: Was muss hinsichtlich der Ernährung bei älteren Katzen beachtet werden?

Birga Dexel: Mit dem Alter verschlechtert sich der Stoffwechsel einer Katze. Das hat zur Folge, dass sie kleinere und dafür aber häufigere Mahlzeiten braucht. Ist man nicht den ganzen Tag über Zuhause oder liebt man es praktisch, ist die Anschaffung eines automatischen Futterspenders empfehlenswert. Zu festgelegten Uhrzeiten stellt der Automat dann neue kleine Futterportionen bereit und man muss nicht mehr selbst darauf achten, regelmäßig zu füttern. Ältere Katzen sollten nämlich auch nachts die Möglichkeit haben, zu fressen.

Felicitas: Dürfen alte Katzen auch Trockenfutter bekommen?

Birga Dexel: Von der Fütterung mit Trockenfutter rate ich generell ab, egal ob die Katze jung oder alt ist! Für ältere Katzen ist Trockenfutter allerdings besonders ungeeignet weil sie, wie ältere Menschen auch, seltener trinken und das Trockenfutter der Katze zusätzlich Flüßigkeit entzieht. Damit eine Seniorkatze regelmäßig trinkt, ist es außerdem eine gute Idee, ihr mehrere Wasserschälchen in der Wohnung aufzustellen.

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Felicitas: Können Katzen eigentlich auch dement werden?

Birga Dexel: Auf jeden Fall! Demenz kommt bei Katzen ab etwa 13 Jahren häufig vor. Ein wichtiges Merkmal ist eine gewisse Desorientierung, die man ihnen oft auch anmerken kann. Ein Zeichen kann möglicherweise sein, wenn ältere Katzen zum Beispiel grundlos und andauernd miauen. Sie wissen dann nicht wo sie sind und versuchen ihrer Orientierungslosigkeit durch das Miauen einen Ausdruck zu verschaffen. Häufig geschieht das auch nachts. Aber auch Schmerzen können zu vermehrter Vokalisierung führen.

Felicitas: Wie könnte man der Katze in einer solchen Situation helfen? Braucht sie überhaupt Hilfe?

Birga Dexel: In der akuten Situationen kann es schon helfen, die Katze anzusprechen und zu berühren. So hilft man ihr sich zu erinnern, wo sie gerade ist und das alles in Ordnung ist. Es gibt auch Medikamente gegen Demenz bei Katzen. Ob die Einnahme sinnvoll erscheint, muss der Tierarzt entscheiden, sie sind aber keinesfalls für jede demente Katze nötig.

Felicitas: Sollte man ältere Katzen beim Tierarzt durchchecken lassen, auch wenn sie augenscheinlich gesund wirken?

Birga Dexel: Ja, dazu würde ich raten. Katzen verbergen uns häufig, wenn es ihnen schlecht geht. Manche leiden unter starken Schmerzen, was man von außen betrachtet niemals vermuten würde. Im Alter sind Gelenkserkrankungen bei Katzen häufig oder auch diverse Krankheiten der Nieren. Ab etwa zehn Jahren rate ich dazu, regelmäßig geriatrische Checks machen zu lassen, um Erkrankungen frühzeitig erkennen und behandeln zu können.

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Felicitas: Dürfen ältere Katzen noch Freigang bekommen oder ist es sicherer, diesen stark einzuschränken oder sogar ganz zu verbieten?

Birga Dexel: Wenn sie es gewohnt sind, dürfen Katzen auch im Alter nach draußen. Ihre Streifzüge werden mit zunehmendem Alter kürzer und sie haben eine starke Tendenz dazu, sich nicht mehr so weit vom Haus zu entfernen.

Felicitas: Wenn man beobachtet, dass eine Katze im Alter zunehmend schlapper und inaktiver wird, kann man dann eine junge Katze dazu holen, um der Älteren wieder zu mehr Lebensfreude zu verhelfen?

Birga Dexel: Viele Menschen denken, dass es so einfach ist. Leider stimmt das Gegenteil. Für die ältere Katze wird der Frischling alles andere als ein Segen sein, mit Pech könnte es sogar ihr Todesurteil bedeuten. Junge Katzen verursachen Stress, den ältere Katzen überhaupt nicht gut vertragen können. Im Alter gilt es, Stress zu vermeiden. Auch die Anschaffung einer neuen Katze im selben Alter muss gut überlegt sein und sollte dem Tier zu Liebe mit einem Experten abgesprochen werden.

Wie Katzen unterschiedlichen Alters gut miteinander zusammen leben, hat Birga Dexel in einem Ratgeber aufgeschrieben. Das Buch gibt es hier auf Amazon: Mehrere Katzen halten: Mein Wissen aus der Katzenpraxis.

Featured Images: Dimitri Torterat/Oh, oldness/CC-BY; Laura D’Allesandro/First Kitten Grown/CC-BY; Anne Worner/Please/CC-BY; Yetdark/Peter im Gras/CC-BY; Andreas Friese, Birga Dexel „Klickerkatzenbuch I“ ©

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